Laska

 
 
 


Das Säulenspiel Laska

Renaissance einer fast vergessenen Dame-Variante mit Verbindungen zum Schach

Von Wolfgang Angerstein

Wie ich zum Laska-Fan wurde

Vom 11. bis 14. Januar 2001 fand in Potsdam eine internationale Konferenz zum 60. Todestag des bislang einzigen Deutschen Schachweltmeisters Emanuel Lasker (24.12.1868 – 11.1.1941) statt, die vom Moses-Mendelssohn-Zentrum/Potsdam und vom Wilhelm-Fraenger-Institut/Berlin unter der Schirmherrschaft des Bundesinnenministers Otto Schily veranstaltet wurde. Die Tagung mit dem beziehungsreichen Motto "homo ludens - homo politicus" wurde u.a. von zahlreichen Schachspielern und Politikern aus acht europäischen Ländern besucht, die interessanten wissenschaftlichen Vorträge und Diskussionen fanden ebenso allgemeine Anerkennung wie die Gründung einer Internationalen Emanuel-Lasker-Gesellschaft (http://www.lasker-gesellschaft.de) mit Sitz in Berlin.

Anlässlich dieser bemerkenswerten Konferenz hatte ich am Nachmittag des 13.1.2001 das ungeahnte Vergnügen, völlig unvorbereitet Zeuge einer ebenso leidenschaftlichen wie faszinierenden Demonstration des Laska-Spieles durch Harald Klingler-Mandig aus Berlin zu werden. Zwar hatte ich als Schachspiele-Sammler zuvor schon vage von der Existenz des Laska-Spieles gehört. Die praktische Vorführung und die interessanten Erläuterungen von Herrn Dr. Klingler-Mandig weckten jedoch zunehmend meine Neugier auf dieses taktische Brettspiel, welches ich bis dato kaum beachtet hatte. Ich war spontan beeindruckt und begeistert, weshalb ich mir vornahm, mehr über "Laska" (auch "Lasca" oder "Lasker's" genannt) zu erfahren. Bei der nun folgenden eineinhalbjährigen Quellensuche zur Entstehung und Verbreitung des Spieles fand ich sehr nette Hilfe sowohl durch Privatpersonen als auch durch Bibliotheken. Zu meinem großen Erstaunen entstanden weltweite Kontakte in neun verschiedene Länder ( Australien, Deutschland, Dänemark, Großbritannien, Kanada, Neuseeland, Niederlande, Rußland, USA). Ohne die wertvollen Hinweise und Informationen dieser Brettspiel-Enthusiasten und Bibliotheken wäre der jetzige Beitrag niemals zustande gekommen. Zudem hatte ich großes Glück, acht Monate lang von einem sehr interessierten und engagierten Studenten (Herrn cand. phil. Benno Klissenbauer) unterstützt zu werden, dem ich für seine Geduld und seinen Fleiß zu großem Dank verpflichtet bin.

Einige Ergebnisse dieser intensiven Literaturrecherchen und persönlichen Begegnungen sollen nun vorgestellt werden.

Ursprünge und Entstehung des Laska-Spieles

Lasker selbst schrieb 1931 in seiner Monographie "Brettspiele der Völker" zur Entstehung seines Spieles: "Aus bei verschiedenen Völkern vorhandenen Elementen habe ich ..... eine Art des Damespiels konstruiert", und zwar durch "Kombination des englischen Damespiels mit einer russischen Abart und durch Erfindung eines ... vereinfachten Brettes". Mit der "russischen Abart" des englischen Damespiels dürfte nach Machatscheck (1984, 1990) das Spiel "Baschni" (russisch: Türme) gemeint sein, welches Lasker bei seinen Besuchen in Russland kennen- und schätzen gelernt habe. In der Tat erscheint es möglich, dass Lasker dem Baschni-Spiel bei seinen ersten Aufenthalten in Moskau begegnet ist, denn er nahm dort sowohl 1896 als auch 1899 an internationalen Schachtunieren teil. Das Regelwerk für "Baschni" entspricht im wesentlichen den Regeln des anglo-amerikanischen Damespiels (engl. "draughts", in Amerika "checkers" genannt), jedoch werden geschlagene Steine nicht vom Brett genommen, sondern unter den schlagenden Stein gestellt und gleichsam als Gefangene mitgeführt. Auf diese Weise entstehen Türme bzw. Säulen übereinanderliegender Spielsteine, weshalb der englische Ausdruck für "Baschni" "column draughts" lautet. "Baschni" (auch "Bashne" genannt) wurde erstmals im Jahre 1875 durch den Moskauer Autor V. Viskovitov beschrieben. Das Spiel ist jedoch sicherlich älter, denn Viskovitov berichtet, dass "Baschni" zum Zeitpunkt der Entstehung seines Buches "bereits gut bekannt gewesen" sei (Michaelsen & Pakhomov 2000). Bis auf den heutigen Tag erfreut es sich in Rußland allgemeiner Beliebtheit, in St. Petersburg und Moskau finden regelmäßig "Baschni"-Turniere statt.

Das Laska-Spiel muss sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien im Jahre 1911 erstmals auf den Markt gekommen sein. Für diese Vermutung sprechen verschiedene Hinweise:

  1. Die Universitätsbibliothek Cambridge besitzt eine 1911 erschienene Broschüre von Lasker mit dem Titel "Rules of Lasca - The great military game" (Signatur-Nr.: 1911.10.210). Dieses Regelwerk ist das älteste bislang bekannte Dokument zum Laska-Spiel.

  2. In dem Fachjournal "Wegweiser für die Spiel-, Galanterie- und Kurzwaren-Industrie" erschien 1911 mindestens dreimal eine Werbeannonce für Laska. Das Spiel wurde dort von der Firma Hans Joseph GmbH/Berlin-Schöneberg angeboten. Auch eine Präsentation auf der Leipziger Messe wird erwähnt.

  3. In einem Heft der Wiener Schachzeitung vom 2.1.1912 findet sich auf Seite 26 eine kurze Notiz über die Berliner Vorstellung von Laska durch Lasker im Künstlerhause. Man darf daher annehmen, dass diese Berliner Präsentation des Spieles gegen Ende des Jahres 1911 stattgefunden haben muss.

Martha Lasker, die Ehefrau des Schachweltmeisters, schrieb Mitte der 1930er Jahre in Aufzeichnungen für die sowjetische Presse über die Entstehung des Laska-Spieles: "Nach feinen strategischen Grundsätzen arbeitete er [Emanuel Lasker] 17 Jahre an einem Spiel, um es ganz einfach verständlich zu machen. Ein Kind sollte es sofort erfassen und mit seinem Vater spielen können. Zum Genusse für beide. Die Freude am Spiel soll sofort, und die Schwierigkeit sollte allmählich erst erfasst werden. "Lasca" nannte er das Spiel. Mathematik-Studenten in Göttingen rechneten von Lasca aus, dass es eine astronomische Zahl von Kombinationen habe "(zitiert nach Linder & Linder 1991). Da das Spiel 1911 auf den Markt gekommen ist und Lasker nach Angaben seiner Ehefrau 17 Jahre an Laska gearbeitet hat, muss demnach die erste Idee zu diesem Spiel um 1894 (17 Jahre vor 1911) entstanden sein. Wir haben durch die Aussage von Martha Lasker somit einen indirekten Hinweis darauf, dass Emanuel Lasker bereits seit etwa 1894 mit der Idee für das Spiel befasst war. Der Literatur ist jedoch nicht zu entnehmen, ob Lasker wusste, dass "Laska" auf Tschechisch "Liebe, Zuneigung" und auf Russisch "Wiesel" bedeutet.

Die wichtigsten Spielregeln

Jeder Spieler hat 11 Steine, der eine weiße, der andere schwarze, die Lasker als "Soldaten" bezeichnete. Gespielt wird auf einem Schachbrett mit 7 × 7 Feldern, bei dem die Felder der vier Ecken die gleiche Farbe haben müssen wie die Felder, auf denen die Spielsteine aufgestellt werden. Man kann ebenso auf einem Schachbrett (8 × 8 Felder) spielen, wobei dann nur die Kreuzungen der einzelnen Schachfelder mit den 2 × 11 Steinen besetzt werden. Alternativ ist auch ein Spielbrett möglich, das Lasker schon 1911 in seinem oben genannten Regelwerk beschrieben hat: Wenn man die weißen Felder des 7 × 7-Schachbrettes durch Kreise ersetzt und die schwarzen Felder weglässt, dann entsteht ein Spielbrett mit 25 Kreisen in sieben Reihen (Abb. 1).

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Die sieben Reihen bestehen abwechselnd aus vier bzw. drei runden Spielfeldern, welche von 1 bis 25 durchnummeriert werden. Die Notation der einzelnen Spielzüge kann demzufolge entweder wie beim Schach oder aber, wie von Lasker ursprünglich vorgeschlagen, durch Benennen der nummerierten kreisrunden Spielfelder erfolgen.

Bei Spielbeginn besetzen die elf weißen bzw. die elf schwarzen Steine nach Angaben der meisten Autoren jeweils die weißen Felder der ersten drei Reihen des 7 × 7-Schachbrettes. Es wird also fast immer auf den weißen Feldern gespielt. Bei dem von Lasker angegebenen Spielplan mit 25 kreisrunden Spielfeldern werden die Felder 1 – 11 bzw. 15 – 25 mit den 2 × 11 Spielsteinen besetzt. Die mittlere Reihe (mit drei weißen Schachquadraten bzw. mit den kreisrunden Spielfeldern Nr. 12 – 14) bleibt frei.

Die Spieler ziehen abwechselnd, Weiß beginnt. Die Spielsteine ("Soldaten", manchmal auch "Schützen" genannt) werden wie beim Damespiel bewegt und schlagen auch so (Schlagzwang). Allerdings wird beim Schlagen der gegnerische Stein nicht aus dem Spiel genommen, vielmehr wird er unter dem schlagenden Stein mitgenommen. Der überspringende Stein nimmt also – anders als beim Damespiel – den feindlichen, übersprungenen (geschlagenen) Stein nicht vom Brett, sondern unter sich mit. So entstehen bald verschieden hohe Türme (auch "Säulen" genannt), von denen beim Schlagen jeweils nur der oberste Stein weggenommen werden darf. Befinden sich also unter dem geschlagenen Stein weitere, bereits vorher mitgenommene Steine, so wird jeweils nur der oberste Stein einer solchen Säule entfernt. Die verschieden hohen und verschieden zusammengesetzten Türme haben unterschiedliche Wertigkeiten: Es entsteht ein Spiel mit vielen verschieden starken Figuren, obwohl alle nur die gleichen Ein-Schritt-Züge machen. Mehrfachsprünge sind wie beim Damespiel möglich, wenn das Feld hinter dem zu überspringenden Stein frei ist. Solche Mehrfachsprünge resultieren in mehreren gefangenen und befreiten Steinen. Man kann den Gegner zum Überspringen einer Säule zwingen, bei der nur der oberste Stein die Farbe des Gegners hat. Dann werden vom Gegner gefangene eigene Steine der betreffenden Säule befreit und wieder ins Spiel gebracht. Der ständige Wechsel von Anzahl, Zusammensetzung und Stärke der Säulen bzw. Türme eines jeden Spielers macht den Reiz und die Besonderheit des Laska-Spieles aus. Dabei verleiht das Säulenkonzept dem Spiel eine Art "Pseudo-Dreidimensionalität".

Gelingt es einem einzelnen Stein oder einem Turm, die gegnerische Grundlinie zu erreichen, dann wird dieser einzelne Stein bzw. der oberste Stein dieses Turmes zum "Offizier" befördert. Der einzelne Stein bzw. der Turm darf jetzt auch rückwärts ziehen, jedoch – im Gegensatz zur Dame des Schach- oder Damespieles – wie die gewöhnlichen Steine (Soldaten) jeweils auch nur ein einziges Feld weit.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Offiziere optisch von den einfachen Spielsteinen (Soldaten) zu unterscheiden:

  1. Man spielt mit vier verschiedenen Farben, wie von Lasker bereits 1911 vorgeschlagen: Die Soldaten sind weiß bzw. schwarz, die Offiziere der weißen Soldaten sind grün, die Offiziere der schwarzen Soldaten sind rot. Ein Beispiel für ein solches Spiel zeigt die Abb. 2. Es handelt sich hier um ein Laska-Spiel, welches im Jahre 1928 von der New Yorker Firma Block House hergestellt wurde.

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  2. Man spielt nur mit zwei Farben, jedoch hat jede der beiden Farben transparente und nicht-transparente Spielsteine, um so Soldaten und Offiziere zu differenzieren. Abb. 3 zeigt ein Beispiel für derartige Spielsteine.

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    Diese Spielsteine wurden in den 1970er Jahren (1. Auflage) und in den 1980er Jahren (2. Auflage) von der Firma F. X. Schmid produziert, welche zunächst in Prien am Chiemsee ansässig war und später nach München übersiedelte. Für diese beiden Varianten gilt, dass die einfachen Spielsteine bei Erreichen der gegnerischen Grundlinie gegen die Offiziers-Steine ausgetauscht werden. Die Soldaten werden also jeweils vom Brett genommen und bleiben außerhalb des Spielfeldes, sobald sie zu Offizieren befördert werden.

  3. Die Offiziers-Steine werden an der Außenkante mit einem Punkt markiert, welcher den einfachen Spielsteinen (Soldaten) fehlt. Auf diese Weise lässt sich Laska auch mit Dame-Steinen spielen.

Die Türme werden von demjenigen Spieler "kommandiert", dem der oberste Stein einer solchen Säule gehört. Dieser Stein wird "Führer" oder "Kommandant" genannt. Er bestimmt, wie der entsprechende Turm sich bewegt bzw. andere Steine gefangen nimmt. Die in einer derartigen Säule befindlichen gegnerischen Steine heißen "Gefangene". Wenn der Gegner einen solchen Turm überspringt, dann wird ja bekanntlich nur dessen oberster Stein (der "Führer" oder "Kommandant") gefangen genommen. Die übersprungene Säule ist also um eine Figur kleiner geworden und hat einen neuen Führer. Befinden sich zwei oder mehr Steine der gleichen Farbe am oberen Ende eines Turmes, so spricht man von einer "Bombe". Bomben gelten als besonders starke Spielsteine. Sobald eine Säule die gegnerische Grundlinie erreicht, wird ihr Kommandant zum Offizier befördert, und der Zug endet. Offiziere können niemals degradiert werden, auch dann nicht, wenn sie gefangen genommen werden (referiert nach Gering 2002).

Aufgrund dieser Spielregeln nimmt jede Laska-Partie zwangsläufig folgenden Verlauf: Während die Zahl der auf dem Brett befindlichen Spielsteine konstant bleibt, entwickelt sich eine immer weiter abnehmende Zahl immer größerer Säulen. Das Spiel steuert somit quasi automatisch oder natürlich auf sein Ende zu. Dieser im Regelwerk implementierte Automatismus macht einen weiteren Reiz des "Laska" aus.

Sieger ist derjenige Spieler, der seinen Gegner bewegungsunfähig macht oder aber alle gegnerischen Steine schlägt. Das Laska-Spiel endet somit, wenn entweder

  1. ein Spieler nicht mehr ziehen kann, d.h. total blockiert ist, oder

  2. alle Säulen von Figuren einer Farbe kommandiert werden, d.h. alle gegnerischen Steine gefangen sind.

Ziel des Spieles ist es somit, der Letzte zu sein, der noch mit seinen Steinen ziehen kann. Analog zum Schach wird eine Laska-Partie natürlich auch dann gewonnen, wenn der Gegner aufgibt.

Ein unentschiedener Spielausgang (Remis) ist bei "Laska" eigentlich nicht möglich, denn es gibt keine Doppelecken wie beim Damespiel, in denen eine Figur hin- und herziehen könnte. Dennoch finden sich gelegentlich unentschiedene Laska-Partien in der Literatur. Ein solches Remis kann zwei Gründe haben:

  1. Eine immer gleiche Abfolge von Spielzügen wiederholt sich mehrmals, ohne dass eine der beiden Parteien dadurch einen Vorteil erlangen könnte. Ein derart unentschiedener Spielausgang erinnert an das Remis durch "Dauerschach" bzw. "Ewiges Schach". Wie oft sich eine solche Zugfolge wiederholen muss, ist dabei individuell vor jedem Spiel oder Turnier festzulegen.

  2. Die Gegner einigen sich auf einen unentschiedenen Ausgang der Partie. Auch diese Art des Remis ist vom Schachspiel her bekannt.

Insofern haben unentschiedene Spielausgänge beim "Laska" einige Verwandtschaft zum Schach. Lasker hatte ursprünglich ein derartiges Remis möglichst vermeiden wollen: Michaelsen berichtet nämlich, Lasker habe "sich zum Ziel gesetzt, eine Variation des Damespiels zu konstruieren, bei der nicht so schnell ein Remis resultiert, wenn zwei gute Spieler aufeinander treffen" (Michaelsen 1994a). Zwischen zwei erfahrenen Spielern sollte eine Partie möglichst selten unentschieden enden. Dennoch ist es offenbar so, dass ein Remis (oder zumindest ein recht langweiliges Endspiel) entstehen kann, wenn es keinem der beiden etwa gleich starken Kontrahenten gelingt, bereits im Mittelspiel einen entscheidenden Vorteil zu erringen. Diese Tatsache, dass einer der beiden Spieler im frühen Mittelspiel einen signifikanten Vorteil erkämpfen muss, um einen unentschiedenen Spielausgang zu vermeiden, könnte ein wichtiger Grund dafür sein, dass "Laska" in Russland zumindest unter starken Spielern nicht so populär ist wie "Baschni" (persönliche Mitteilung von Sergey N. Ivanov, einem der besten russischen Baschni-Spieler).

Weitere Details des Laska-Regelwerks finden sich in dem soeben erschienenen, sehr informativen Laska-Artikel von Ralf Gering (Gering 2002).

Verwandtschaft und Unterschiede zu anderen Brettspielen (Baschni, Dame, Schach, Säulenspiele)

Aufgrund der Spielregeln ergibt sich somit, dass "Laska" einerseits mit dem Damespiel verwandt ist, andererseits aber auch Analogien zum Schachspiel hat, wobei es sich historisch aus dem russischen Baschni-Spiel entwickelt hat. Diese Beziehungen zwischen "Laska", Dame, Schach und "Baschni" sollen im Folgenden näher beleuchtet werden.

Im Vergleich zum Damespiel fällt zunächst auf, dass beim "Laska" die übersprungenen, geschlagenen Steine nicht vom Brett genommen, sonder unter die überspringenden Steine plaziert und so in Säulen bzw. Türme integriert werden. Auf diese Weise kann es – anders als bei Dame oder Schach – innerhalb eines einzigen Zuges zu einer plötzlichen Umkehr der Spielsituation kommen: Die Mitnahme bzw. Gefangennahme eines einzigen übersprungenen Steines kann eine mächtige Säule eigener oder gegnerischer Spielsteine befreien und so dem bislang schwächeren Spieler urplötzlich einen entscheidenden Vorteil verschaffen. Umgekehrt kann eine sehr starke Spielstellung auf diese Weise in wenigen Sekunden zunichte gemacht werden. Die englische Laska-Terminologie spricht hier von "sudden reversal of fortune". Die Offiziere des Laska-Spieles sind gegenüber der Dame des Schach- oder Damespieles relativ unbeweglich, denn sie dürfen wie die gewöhnlichen Steine (Soldaten) jeweils nur ein einziges Feld weit ziehen. Hierin liegt ein besonderer Reiz des "Laska". Das einzige Privileg der Offiziere besteht somit darin, dass sie sich in alle Richtungen diagonal bewegen dürfen. Insofern sind die Offiziere des "Laska" hinsichtlich ihrer Bewegungsfreiheit zwischen dem König und dem Läufer des Schachspieles anzusiedeln: Zwar können sie sich wie die Läufer in alle Richtungen diagonal fortbewegen, jedoch wie der König jeweils nur um ein Feld. Die Kampfkraft der Laska-Offiziere ist wegen dieser relativen Unbeweglichkeit im Vergleich zur Dame des Schach- oder Damespieles nicht so hoch wie die Spielstärke der Dame einzuschätzen. Dafür werden die Offiziere schwerer Opfer eines Schlagzwang-Manövers als die Dame im Damespiel.

"Laska" wird auf einem Brett mit 7 × 7 Feldern gespielt, während Dame, "Baschni" und Schach jeweils auf 8 × 8 Feldern gespielt werden. "Laska" kann sowohl auf den weißen (wesentlich häufigere Variante) als auch auf den schwarzen (wesentlich seltenere Spielweise) Feldern des 7 × 7 Brettes gespielt werden. "Baschni" und Dame werden hingegen immer auf den schwarzen Feldern des 8 × 8-Brettes gespielt, wobei in der rechten unteren Ecke dieses Brettes jeweils ein weißes Spielfeld sein muss. Sowohl "Laska" als auch Dame, "Baschni" und Schach unterscheiden jeweils zwei Arten von Spielfiguren: Da sind einerseits die gewöhnlichen Spielsteine, bei "Laska" meist als "Soldaten", bei Schach und "Baschni" als "Bauern" bezeichnet. Und da sind andererseits die Spielsteine mit besonderen Privilegien, bei "Laska" und Schach "Offiziere", bei "Baschni" "König" und beim Damespiel "Dame" genannt. Eine Umwandlung der einfachen in privilegierte Spielsteine ist bei allen vier Brettspielen ("Laska", Dame, "Baschni", Schach) möglich und erstrebenswert. Darüber hinaus sind sowohl bei "Laska" als auch bei "Baschni" "Bomben" möglich und erstrebenswert. Während Schach mit 2 × 16 Figuren gespielt wird, sind es bei Dame und Baschni je 2 × 12 und bei Laska 2 × 11 Spielfiguren. Die Anzahl der Spielsteine bleibt bei "Laska" und "Baschni" während des gesamten Spieles konstant, während sie bei Dame und Schach im Verlaufe der Partie immer weiter abnimmt. Der Hauptunterschied zwischen "Laska" und "Baschni" besteht darin, dass "Laska" auf einem eigenen Brett (7 × 7 viereckige oder 25 runde Felder) gespielt wird, während "Baschni" auf dem allgemein üblichen Schach- oder Damebrett mit 8 × 8 Feldern gespielt wird.

Anders als beim Schach ist Zeitnot bzw. das Spiel gegen eine Uhr bei "Laska" und "Baschni" nicht üblich.

"Laska" ist ein strategisches Verstandesspiel, d.h. ein Kampfspiel. Dafür spricht schon die 1911 von Lasker gewählte Bezeichnung der englischen Erstausgabe als "great military game" (Gering 2002). Auch die Nomenklatur ist so, wie es sich für einen echten Kampf gehört: Das Regelwerk kennt Kommandanten bzw. Führer ebenso wie Bomben. Es gibt Offiziere und Soldaten, die gefangengenommen, kommandiert, befreit oder befördert werden können. Diese Manöver erfordern strategisches Verständnis und taktisches Geschick.

Lasker selbst vergleicht in "Brettspiele der Völker" Dame und "Laska" wie folgt: "Es ist ..... klar, dass das Damespiel ..... den Mangel hat, dass zwischen erfahrenen Spielern der Ausgang der Partie zumeist schlicht ist. Das will sagen, dass die Aufgaben, die das Damespiel dem Spieler stellt, zumeist bereits gekonnt und beherrscht sind. Es ist aber das Ungewisse, das den Geist anzieht und verzaubert. ..... Aus bei verschiedenen Völkern vorhandenen Elementen habe ich daher eine Art des Damespiels konstruiert, das dem obigen Mangel ..... abhilft. ..... Durch Kombination des englischen Damespiels mit einer russischen Abart und durch Erfindung eines diesem Spiel besonders angepaßten vereinfachten Brettes habe ich das mir gesteckte Ziel der Aufstellung eines sehr einfachen und doch gehaltvollen Spieles zu erreichen getrachtet" (Lasker 1931: 226). Dieses von ihm kreierte Brettspiel habe er "Laska" genannt. Das Damespiel erschien Lasker somit zu wenig abwechslungsreich, zu eintönig und zu leicht beherrschbar.

Demgegenüber stellt "Laska" nach Ansicht seines Erfinders höhere Anforderungen an den "beweglichen Geist ..... eines schöpferischen Denkers." "Laska" diene dem "Zwecke eines spielerischen Kampfes, welcher ungebunden und phantasiereich sein will" (Lasker 1931: 226).

Weitere Unterschiede und Gemeinsamkeiten von "Baschni", Schach, Dame und "Laska" sind in der Literatur ausführlich beschrieben worden (z.B. Michaelsen 1994a, 1994b; Michaelsen & Pakhomov 2000), weshalb ich hier auf Einzelheiten verzichten kann. Vor allem Peter Michaelsen hat sich mit vergleichenden Betrachtungen von "Baschni", "Laska" und Dame beschäftigt. Seine diesbezüglichen Artikel erschienen meist in "Hoofdlijn", einer niederländischen Zeitschrift, die sich speziell dem Damespiel und seinen Varianten widmet. Peter Michaelsen hat auch gute Kontakte zu diversen russischen Baschni- und Laska-Spielern, mit denen er immer wieder entsprechende Partien austrägt.

"Laska" gehört zur Gruppe der Säulen- oder Turmspiele (engl. "column games"). Dieser Familie von Brettspielen ist gemeinsam, dass dem Gegner abgenommene Spielsteine zwar übersprungen, nicht jedoch vom Brett genommen werden. Die so eroberten bzw. gefangenen Spielsteine werden zu Säulen bzw. zu Türmen gestapelt. Das älteste dieser Säulenspiele ist "Baschni" (auch als "Bashne" bezeichnet), gefolgt von "Laska". 1956 folgte mit "Pasta" das dritte Säulenspiel, 1965 mit "Focus" (auch unter den Namen "Domination" oder "Stack" bekannt) das vierte, Ende der 1960er Jahre mit "Stapeldammen" das fünfte. Mitte der 1980er Jahre kamen "Emergo" und "HexEmergo" hinzu. Seit den 1990er Jahren hat sich die Familie der Säulenspiele um mindestens fünf weitere Vertreter ("Baschni-pro", "Gomony", "Plateau", "Topper" und seine Varianten, "Tumbling Down") vergrößert.

Alle bisherigen Spielevergleiche ("Laska" - Dame - Schach - "Baschni" und andere Säulenspiele) bezogen sich auf Regeln, Taktik und Strategien. Jedoch muss auch erwähnt werden, dass Jacques Hannak bereits 1952 in seiner Lasker-Biographie einen bemerkenswerten philosopisch-existentialistischen Vergleich zwischen "Laska" und Schach angestellt hat: Laut Hannak ist "Laska" "ein Kampfspiel ... auf viel weniger Feldern als auf einem Schachbrett – man benötigt nur ein Viertel des Raumes – ... mit viel einfacheren und leichteren Regeln, ein Spiel, selbst für Kinder leicht erlernbar und doch auch für den gereiftesten, erwachsenen Menschen ein wahres Vergnügen". Da "eine gegnerische Figur, wenn sie erobert wird, nicht vom Brett verschwindet, ... sondern stehen bleibt und auf ihrem Rücken die feindliche Figur aufgesetzt bekommt, der sie nun künftig als Lasttier und Arbeitstier zu dienen hat", ist das Spiel "ein Symbol des Aufbaus der menschlichen Gesellschaft." Denn "die "Säule" gehorcht stets nur dem "Kopf", der Figur, die ganz zu oberst auf ihr sitzt." Beim Schach hingegen verschwindet eine gegnerische Figur vom Brett, wenn sie erobert wird. Hier herrsche der Gedanke des "unbedingten Vernichtens jedes feindlichen Gefangenen". "Laska" hingegen sei in dieser Beziehung ein "absolut modernes" Spiel, denn der Besiegte "wird nicht mehr ausgerottet, sondern nur versklavt, nicht mehr sein Tod wird erstrebt, sondern die gewinnbringende Ausbeutung seines Lebens, nicht mehr sein Körper wird getötet, sondern nur seine Seele". Der besondere Reiz des Laska-Spieles bestünde darin, dass "die gegnerische Figur auf dem Kampffelde bleibt, nur ... unter dem Befehl eines gegnerischen Kommandanten zwangsweise gegen die eigenen Truppen" kämpfen müsse. "Laska" biete aber auch die Möglichkeit, dass "eine solche "Säule" unterworfener Sklaven wieder frei wird, ... indem der auf ihr sitzende "Kopf" abgeschlagen wird". Während Schach, "geboren in uralten Zeiten", somit den Grundgedanken des Abschlachtens von Gefangenen und Besiegten in sich trage, sei das "moderne" Laska-Spiel nicht mehr auf den Tod des Kontrahenten ausgerichtet, sondern vielmehr auf seine Unterwerfung und auf die parasitäre Ausnutzung des Gegners zum eigenen Vorteil. Hannak resümiert in Anspielung auf Laskers philosophische Schriften wie "Kampf" und "Philosophie des Unvollendbar", dass dieses von Lasker erfundene Spiel "vielleicht seine größte philosophische Leistung, sein schönster Beitrag zur Erkenntnis der menschlichen Entwicklung" sei.

Verbreitung des Laska-Spieles bis zur Machtergreifung Hitlers

In den gut 20 Jahren von 1911 (Erstveröffentlichung des Spieles und seiner Regeln in Deutschland und Großbritannien) bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung ist "Laska" in Deutschland, den Niederlanden und den USA recht populär gewesen. In "Brettspiele der Völker" schrieb Lasker selbst zur Verbreitung seines Spieles: "Das Spiel Laska hat bereits viele Freunde in Deutschland, Holland und Amerika. ..... Es hat einige Zehntausende von Anhängern" (Lasker 1931: 231). Am 1.12.1927 gründete Lasker in Berlin eine "Schule für Verstandesspiele", wo neben "Laska" auch andere intellektuelle Spiele (Schach, Dame, Go, Bridge, Skat, Tarock, Solitaire) gelehrt wurden (Hannak 1952, Michaelsen 1994b). All diese Spiele, die der Schachweltmeister jahrzehntelang praktiziert und analysiert hatte, wurden nun von ihm "zu einem großen geschlossenen Unterrichtssystem" vereinigt. Dabei "förderte Lasker die geistigen Spiele insbesondere beim weiblichen Geschlecht" (Hannak 1952).

Speziell in den Niederlanden dürfte "Laska" schon in den 1920er Jahren enthusiastisch aufgenommen worden sein, wie die folgenden Quellen belegen: In ihrem am 28.1.1922 erschienenen Nachruf auf den Delfter Mathematikprofessor P. J. Henri Baudet berichtet eine Frau E. Arrias, dass im Hause der Eheleute Baudet am 17.9., 15.10., 22.10., 28.10. und 12.11.1920 regelmäßige Zusammenkünfte "mit einer größeren Gesellschaft" stattgefunden hätten, um das Laska-Spiel "näher kennenzulernen" (Arrias 1922). Am 26.11.1920 habe ein weiteres Treffen dieser Gesellschaft im Hause von Dr. R. J. Escher in der Columbusstraat 152 in Den Haag stattgefunden. Bei diesem Treffen sei eine Laska-Vereinigung gegründet worden. Die Vereinsordnung mit den einschlägigen Statuten sei von Herrn Dr. J. Teixeira de Mattos, einem Ingenieur aus Den Haag, verfaßt worden. Von den Mitgliedern sei ein Vorstand gewählt worden, dem Herr Prof. Dr. P. J. H. Baudet als Vorsitzender, Herr Dr. J. Teixeira de Mattos als Sekretär und Archivar sowie Frau M. J. E. Arrias-van den Berkhof als Kassenführerin angehörten. Die Gründungsurkunde dieser Laska-Vereinigung mit den Unterschriften der Gründungsmitglieder ist in dem am 28.1.1922 erschienenen Nachruf auf Prof. Baudet abgebildet (Arrias 1922). E. Arrias schreibt, dass am 10.12.1920 beschlossen worden sei, Emanuel Lasker die Ehrenmitgliedschaft anzubieten. In diesem Nachruf wird weiter berichtet, dass Prof. Baudet schon im Alter von 15 Jahren ein ausgezeichneter Schachspieler gewesen sei. Auch als Cellist und Pianist habe er immer wieder brilliert. Das Laska-Spiel sei Baudet von Lasker "zur Beurteilung" übergeben worden. Dieses Austesten des Laska-Spieles durch den Mathematikprofessor sei für Lasker außerordentlich vorteilhaft gewesen, da sich Baudet dem Spiel "sofort mit unbändigem Eifer" gewidmet habe. Der Laska-Spieltest wird von Frau Arrias als "ein glücklicher Einfall" des Schachweltmeisters bezeichnet, weil Lasker "sicher einen geistreicheren Propagandisten für seine neue Erfindung nicht hätte treffen können". So nimmt es denn auch nicht Wunder, dass Lasker ihren Angaben zufolge schon sechs Monate später keine Laska-Partie mehr gegen Baudet zu gewinnen vermochte. Der Schüler war somit bereits nach einem halben Jahr besser als sein Lehrer. Zu dieser Aussage passt auch die Veröffentlichung einer Laska-Partie in "Brettspiele der Völker" (Lasker 1931: 230), welche Lasker 1920 in Den Haag gegen Baudet verlor. E. Arrias schreibt weiter, dass der Mathematikprofessor bis zu seinem frühen Tod am 24.12.1921 Gründungsvorsitzender der Laska-Vereinigung in Den Haag gewesen sei. Seiner Initiative sei auch die Ausschreibung des ersten nationalen Laska-Turnieres in den Niederlanden zu verdanken. Nachdem dieser Wettkampf bereits organisiert und vorbereitet worden sei, wäre Baudet einen Tag vor dessen geplantem Beginn am 24.12.1921 plötzlich und unerwartet verstorben. Der Todestag von Baudet ist demnach identisch mit Laskers 53. Geburtstag. Der Start des ersten niederländischen Laska-Turnieres war somit für den 25.12.1921, das heißt für den ersten Weihnachtsfeiertag, terminiert. Ob das Turnier jemals stattgefunden hat oder nicht, erwähnt Frau Arrias leider nicht. Die Tatsache, dass nirgendwo sonst in der Literatur über einen derartigen Wettkampf berichtet wird, lässt jedoch vermuten, dass ein solches Laska-Turnier niemals zustande kam.

Ein weiterer Beleg für die Verbreitung des Laska-Spieles in den Niederlanden dürfte eine Annonce im "Orgaan van het s'Gravenhaagsche Schaakgenootschap Discendo Discimus" sein. In dieser Monatszeitschrift des Den Haager Schachclubs "Discendo Discimus" erschien vom 1. Heft des 1. Jahrgangs bis zum 9. Heft des 8. Jahrgangs, d.h. vom Februar 1924 bis zum September 1931, ununterbrochen in jedem Monatsheft eine Werbeanzeige für "Laska" (persönliche Mitteilung von Frau Drs. H. Reerink/Königliche Bibliothek Den Haag). Der betreffende Händler, K. Nieukerke aus Den Haag, bot in der Annonce neben "Laska" auch Schach-, Dame- und Mah-Jongg-Spiele an.

In Deutschland wurde "Laska" offensichtlich ebenfalls intensiv beworben, wie die bereits zitierten Anzeigen im Fachjournal "Wegweiser für die Spiel-, Galanterie- und Kurzwaren-Industrie" aus dem Jahre 1911 belegen. Zur Verbreitung des Laska-Spieles trugen sicherlich auch die mit dem Spiel verbundenen mathematischen Probleme und Denksportaufgaben bei. So erschien bereits 1918 ein Buch mit dem Titel "Altes und Neues aus der Unterhaltungsmathematik" (Ahrens 1918), dessen 15. Kapitel mit "Laska" zusammenhängende spielmathematische Darstellungen enthält. Der Autor verrät, dass er durch eine Vorlesung des Göttinger Mathematikprofessors Edmund Landau zu seinen mathematischen Betrachtungen des Laska-Spieles angeregt worden sei. Prof. Landau hatte sich zuvor bereits "Zur relativen Wertbemessung der Turnierresultate" im Schach geäußert, als er eine algebraische Methode zur Wertberechnung der Partien bei Schachturnieren vorschlug (Landau 1895). Laut Ahrens habe der Zahlentheoretiker und Analytiker Landau im Sommersemester 1912 in Göttingen eine einstündige Vorlesung über mathematische Unterhaltungen und Spiele vor über 100 Zuhörern gehalten. Diese Vorlesung sei in einer hektographierten studentischen "Festschrift, Edmund Landau zur Feier der Ablehnung seiner Berufung nach Heidelberg gewidmet von dankbaren Schülern" aufgezeichnet, welche am 18.1.1913 in Göttingen erschienen sei. Landau habe sich 1912 in seiner Vorlesung mit der Frage beschäftigt, welche Säulen bzw. Türme (d.h. welche Kombinationen aufeinander gestapelter Spielsteine) aufgrund der Laska-Regeln unmöglich seien. Der Göttinger Professor habe 1912 den mathematischen Beweis für eine solche unmögliche Säule geliefert, der Mathematiker Roland Sprague habe im gleichen Jahr die Unmöglichkeit dreier weiterer Säulen bewiesen. Schließlich habe Detlef Cauer, der bei Landau Mathematik studiert habe, ebenfalls im Jahre 1912 die Unmöglichkeit einer fünften Säule mathematisch hergeleitet. Soweit mir bekannt, ist seither kein einziger mathematischer Beweis für die Unmöglichkeit weiterer Laska-Säulen publiziert worden! Die von Ahrens und Landau aufgeworfene Frage "Welche von denjenigen Kombinationen, die man zunächst nach rein formalen Gesichtspunkten aus den weißen, schwarzen, grünen und roten Steinen auf dem Papier konstruieren kann, sind in der Wirklichkeit, d.h. den Spielgesetzen nach, möglich, und welche sind unmöglich?" ist somit seit 1912 offensichtlich nicht weiter bearbeitet worden. Der Berliner Mathematiker Roland Sprague hat nach Laskers Angaben auch "einige wundervolle Endspiele" des Laska-Spieles "komponiert", welche Lasker in "Brettspiele der Völker" veröffentlichte (Lasker 1931: 231). In seinem 1961 erstmals aufgelegten Buch "Unterhaltsame Mathematik" erwähnt Sprague das Laska-Spiel jedoch nicht mehr, er beschäftigt sich vielmehr mit "einer Laskerschen Abart von Nim" (Sprague 1969, Kap. 23). Lasker hatte sich diesem Spiel, das er selbst "Nimm" nannte, in seinem Buch "Brettspiele der Völker" ausführlich gewidmet (Lasker 1931: 170ff.). Er bezeichnete es dort als "mathematisches Kampfspiel".

Die Verbreitung und Popularität des Laska-Spieles vor der Machtergreifung Hitlers wird aber auch durch die unterschiedlichen Hersteller und verschiedenen Ausgaben dieses Brettspieles belegt, denn die Produktion von Spielsätzen unterschiedlicher Firmen trug sicherlich zur Verbreitung von "Laska" bei. Der Fabrikant Hans Joseph aus Berlin-Schöneberg war wohl der erste, der "Laska" auf den Markt brachte. Aufgrund seiner Werbeanzeigen im "Wegweiser für die Spiel-, Galanterie- und Kurzwaren-Industrie" ist anzunehmen, dass dies ab 1911 geschah. Einer Fußnote im Laska-Kapitel des Buches "Altes und Neues aus der Unterhaltungsmathematik" (Ahrens 1918) ist zu entnehmen, dass die Spielsätze von Hans Joseph offenbar in fünf verschiedenen Ausführungen zu kaufen waren. Sie seien "zu beziehen" über die Züllchower Anstalten. Hingegen findet sich im "4. Ergänzungsband zum Deutschen Spielhandbuch" (Arbeiter & Ruhnke 1937) der Hinweis, dass diese Spiele in den Züllchower Anstalten "hergestellt" und vom Ludwig Voggenreiter Verlag in Potsdam ausgeliefert würden. Der Verlag nehme entsprechende Bestellungen entgegen. Dem Brettspiele-Buch von Arbeiter und Ruhnke aus dem Jahre 1937 ist weiter zu entnehmen, dass es sich bei den Züllchower Anstalten um einen in Stettin gelegenen Spieleversand handelte, welcher vom Vater des Pastors und Turnvaters Jahn gegründet worden sei. In den dortigen Werkstätten würden "alle guten Brettspiele in bester Ausführung hergestellt". Diese widersprüchlichen Angaben zur frühen Produktion und Vermarktung des Laska-Spieles werden noch verstärkt durch die Bemerkung von Rudolf Rühle, dass "die Züllchower Anstalten spätestens im Weihnachtskatalog 1914/15 das Spiel "Laska" zum Kauf anbieten" (Rühle 2001). Ein weiteres Werbebild für "Laska" findet sich im Reprint des Kataloges zu Weihnacht 1915 der Leipziger Lehrmittel-Anstalt von Dr. Oskar Schneider. Dieser Nachdruck ist 1986 unter dem Titel "Deutsches Spielzeug zur Kriegszeit (1915)" im Schweizer Verlag Eisenbahn von Claude Jeanmaire herausgegeben worden (persönliche Mitteilung von Herrn R. Rühle). Dem zweiten Band von "Spielpeterle und Ratefritze", erschienen im Verlag der Dürr'schen Buchhandlung/Leipzig, ist zu entnehmen, dass Laska-Spiele vom Verlag S. Ascher/Berlin vertrieben wurden (Hemprich & Koch 1926). Aus den zum Teil widersprüchlichen Literaturangaben ist somit nicht klar ersichtlich, welche Zusammenhänge zwischen der Firma Hans Joseph/Berlin-Schöneberg, dem Verlag S. Ascher/Berlin und den Züllchower Anstalten/Stettin hinsichtlich der Herstellung und Vermarktung von Laska-Spielen bestanden. Immerhin ist es dem Autor gelungen, ein wohl aus dieser Zeit stammendes Laska-Exemplar bei einem Berliner Privatsammler aufzuspüren, welches in Abb. 4 dargestellt ist.

insert Abb. 4 here

Wie man der beiliegenden Spielanleitung entnehmen kann, handelt es sich offenbar um ein Produkt aus der Fabrik Hans Joseph GmbH/Berlin-Schöneberg.

Auf der Innenseite des Pappdeckels enthält dieses Laska-Spiel eine handschriftliche Widmung seines Erfinders, welche in Abb. 5 wiedergegeben wird.

insert Abb. 5 here

Der Text der Widmung lautet: "Dem jüngsten "Lasca" freunde [sic] Herrn Paul Klosak freundlich zugeeignet Em Lasker." Bemerkenswert ist auch das mit gleicher Handschrift vermerkte Datum der Widmung: "Jan 33", der Monat der Machtergreifung Hitlers – sicherlich ein ganz besonderes Datum für die jüdische Familie Lasker!

Ein weiterer, namentlich nicht bekannter Hersteller hat die Laska-Spielsteine produziert, welche auf Abb. 6 zu erkennen sind.

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Nach Angaben ihres Berliner Besitzers stammen sie wahrscheinlich aus den 1920er Jahren und sind angeblich in Deutschland entstanden. Sie sind aus Holz gefertigt (im Gegensatz zu den Plastik-Spielsteinen fast aller anderer Hersteller). Abb. 6 zeigt die Anfangsaufstellung der 2 × 11 Laska-Spielsteine auf einem Brett mit 25 kreisrunden Feldern.

Auch auf dem amerikanischen Markt hat "Laska" in den 1920er Jahren offenbar eine gewisse Verbreitung gefunden, wie die Herstellung und Vermarktung unterschiedlicher Ausgaben dieses Brettspieles belegt. So befindet sich in einer Bonner Privatsammlung beispielsweise eine Laska-Ausgabe der New Yorker Firma Block House aus dem Jahre 1928 (siehe Abb. 7 und 8).

insert Abb. 7 and 8 here

Dieses Laska-Exemplar enthält neben dem Spielbrett mit dem Spielsteinen (siehe Abb. 2) auch eine Spielbeschreibung (siehe Abb. 8) mit Regeln und Spielbeispielen.

Darüber hinaus ist unter dem Namen "Stax" im Jahre 1919 offensichtlich ein Laska-Plagiat bei der Stax Company produziert worden (Barnard 1988). Diese Firma hatte Niederlassungen in Plattsburg/New York und in Greenwich/Connecticut.

Laska-Spielsätze aus den Niederlanden oder aus Großbritannien sind dem Autor bislang nicht bekannt geworden.

Das nach heutigem Wissensstand wahrscheinlich letzte Laska-Dokument, welches von Lasker persönlich verfaßt wurde, ist ein handschriftlicher Brief an seinen Neffen Wolfgang vom 1.8.1933. Das zweiseitige Schreiben befindet sich in der Schwadron Collection of Autographs der Jewish National & University Library Jerusalem. Es ist in Den Haag entstanden und beinhaltet sowohl verkaufsstrategische Anleitungen und Hinweise zum Laska-Spiel als auch den Anspruch seines Erfinders auf eine prozentuale Umsatzbeteiligung bei Vermarktung und Verkauf dieses Brettspieles. Der Brief ist in der kürzlich erschienenen Lasker-Dokumentation von Michael Dreyer und Ulrich Sieg abgedruckt (Dreyer & Sieg 2001).

Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass "Laska" in den gut 20 Jahren zwischen der Erstveröffentlichung (1911) und der nationalsozialistischen Machtergreifung (Januar 1933) besonders in Deutschland, in den Niederlanden und in den USA verbreitet war. Neben verschiedenen Herstellern und Verkäufern interessierten sich vor allem deutsche Mathematiker (Ahrens, Landau sowie seine Schüler Cauer und Sprague), aber auch der Delfter Mathematikprofessor Baudet für dieses strategische Brettspiel. Nach der Machtergreifung Hitlers wurde die Erfindung des jüdischen Mathematikers Lasker in Deutschland hingegen wenig beachtet: Das Laska-Spiel wird während des "Dritten Reiches" nur ein einziges Mal in der Literatur erwähnt, und zwar auf zwei Seiten des 4. Ergänzungsbandes zum Deutschen Spielhandbuch. Der Band erschien 1937 im Potsdamer Voggenreiter Verlag und beschäftigt sich mit Brettspielen (Arbeiter & Ruhnke 1937). Auch im Nachkriegsdeutschland ist "Laska" bis 1969 nur dreimal in der Literatur vertreten, unter anderem in der mehrfach aufgelegten Lasker-Biographie von Jacques Hannak (Hannak 1952), der die schon erwähnten philosophisch-existentialistischen Implikationen des Spieles würdigt.

Die Renaissance eines fast vergessenen strategischen Brettspieles

Die Wiederentdeckung von "Laska" erfolgte in zwei Wellen, nämlich

  1. zunächst in Aufsätzen deutscher Print-Medien der 1970er, 1980er und 1990er Jahre, sowie

  2. seit 1986 parallel dazu auch international über digitale Medien wie Computer und Internet.

In deutschen Print-Medien finden sich für die 30 Jahre zwischen 1970 und 1999 etwa 36 Artikel bzw. Buchkapitel über "Laska" (für die 30 Jahre zwischen 1940 und 1969 hingegen nur ganze drei!), nämlich acht in den 1970er Jahren, 16 in den 1980er Jahren und zwölf in den 1990er Jahren. Die für mich interessanteste Laska-Veröffentlichung aus dem Zeitraum von 1970 bis 1999 ist der zweitälteste dieser 36 Artikel, erschienen im Oktober 1971 in der Zeitschrift "Bild der Wissenschaft". Auf Anregung eines gewissen Herrn Gerhardt Natalis aus Schlitz wurde damals in der Rubrik "Das Mathematische Kabinett" ein Text zum Thema "Können Sie Laska spielen?" abgedruckt. Die Publikation enthält neben den Spielregeln u.a. einen "Schnittmusterbogen" zum Basteln hütchenförmiger Spielsteine aus Papier. Aber auch das alte Landau'sche Problem des mathematischen Beweises unmöglicher Säulentypen wird wieder aufgegriffen: Eine bereits 1912 von Sprague bewiesene unmögliche Säule wird erneut vorgestellt, und der Artikel endet mit der Frage: "Welche unmöglichen Säulentypen gibt es noch?" Leider hat diese Frage nach meinem Informationsstand seit 1912 (damals wurden ja bekanntlich fünf unmögliche Säulentypen mathematisch bewiesen) keine weitere Antwort gefunden! Nebenbei erwähnt der anonyme Autor dieser Zeilen auch noch, dass Lasker selbst die Anzahl möglicher Säulen auf ungefähr drei Millionen geschätzt habe. In den Jahren 2001 und 2002 sind meines Wissens mindestens fünf Artikel über "Laska" veröffentlicht worden.

Während sich diese in Print-Medien erschienenen Publikationen zu "Laska" hauptsächlich auf Deutschland konzentrierten, entstand seit 1986 parallel dazu ein internationales Interesse für dieses Brettspiel in digitalen Medien wie Computer und Internet: Bereits 1986 und 1992 wurden am Department of Computer Science der Universität Auckland/Neuseeland unter der Leitung von Dr. Alan Creak zwei Computerprogramme entwickelt, mit denen man "Laska" spielen konnte. Das erste dieser beiden Programme wurde 1986 von Steven Lomas fertiggestellt, es handelte sich um ein Pascal-Programm für MacIntosh-Rechner. Im Jahre 1992 folgte dann ein Prolog-Programm von Graham Hood. Beide Software-Programme werden unter http://www.cs.auckland.ac.nz/~alan/exstudnt.htm von Alan Creak beschrieben. Im Jahre 1999 entwickelte Bruce Wilford, damals Student an der University of California/Los Angeles, ein Unix-basiertes Software-Spielprogramm für "Laska". Dieses Programm konnte u.a. berechnen, dass die kürzest mögliche Laska-Partie bereits nach acht Zügen verloren geht (so gen. "Matt-in-n-Zügen-Problem" mit n = 8). Zuvor hatte Willem van der Vegt aus Zwolle/Niederlande mit seinem Ende der 1990er Jahre entwickelten Laska-Spielprogramm berechnet, dass bis zum Verlust einer Laska-Partie mindestens elf Züge notwendig sind. All dies ist nachzulesen in einem Artikel, den David Johnson-Davies im Juni 1999 unter http://research.interface.co.uk/lasca ins Internet gesetzt hat. Dieser interessante Text enthält Informationen über den Ursprung des Spieles, die Spielregeln, ein Spielbeispiel, Problemstellungen mit Lösungen sowie einen Abschnitt über Computer-Laska. Sehr instruktiv sind die mehrfarbigen Illustrationen der einzelnen Spiel- und Problemstellungen. Schließlich werden auch Links zu den verwandten Säulenspielen "Emergo" (http://www.mindsports.net/arena/emergotutor) und "HexEmergo" (http://www.mindsports.net/arena/hexemergotutor) angeboten. Die im Text erwähnte "Clare College Lasca Association" existiert allerdings nicht mehr (persönliche Mitteilung von David Johnson-Davies). Ebenfalls Ende der 1990er Jahre hat der Niederländer Sander Agricola ein Software-Programm entwickelt, mit dessen Hilfe zwei Gegner im Internet "Laska" spielen können (http://www.playdorado.com/lasca/index.htm). Das Programm kann auf alle gängigen Personal Computer heruntergeladen werden. Es besticht durch eine mehrfarbige, pseudo-dreidimensionale Graphik. Ähnlich schön anzuschauen ist eine Laska-Version, die der deutsche Mathematiker Karl Scherer im Jahre 2000 ins Internet gesetzt hat (http://www.zillions-of-games.com/games/mylaska.html). Er lebt ebenfalls in Auckland/Neuseeland, hat aber nach eigenen Angaben bislang keinerlei Kontakte zu Alan Creak und seiner Arbeitsgruppe am Department of Computer Science der dortigen Universität. Scherer hat sein Programm "Mylaska" genannt. Es handelt sich um eine vereinfachte Laska-Variante, denn aus Gründen der besseren Programmierbarkeit hat Scherer die Regel eingeführt, dass Säulen maximal aus zwei Spielsteinen bestehen dürfen. Aber auch diese vereinfachte Laska-Version hat ihren Reiz! Der bereits erwähnte Willem van der Vegt hat im Jahre 2000 im niederländischen Städtchen Windesheim ein großes Computer-Laska-Turnier mit 28 Teilnehmern organisiert. Das Turnier fand im Rahmen der niederländischen "Informaticaolympiade 2000" statt. Es wurde von etlichen niederländischen Universitäten sowie von Industrieunternehmen aus der Telekommunikations-Branche unterstützt und stand unter der Schirmherrschaft des Ministeriums für Unterricht, Kultur und Wissenschaften. Sowohl die Spielregeln (allerdings nur in niederländischer Sprache) als auch die Notation und die Spielzüge jeder einzelnen während dieses Turniers gespielten Laska-Partie sind im Internet abrufbar (http://afdelingen.windesheim.nl/cvo/cvoprijs oder http://www.informaticaolympiade.nl/nio20000/ronde1/lasca.exe oder http://www.informaticaolympiade.nl/nio2000/ronde1/nio2000-1.html). Sämtliche Teilnehmer mussten gegeneinander antreten, so dass eine nahezu unerschöpfliche Auswahl von 756 höchst unterschiedlichen Laska-Partien entstand! Auch die Software von Willem van der Vegt beeindruckt durch ihre übersichtliche, mehrfarbige Graphik. Sieger dieses Mammut-Turnieres und damit Gewinner des Windesheimpreises 2000 wurde der Niederländer Carlo Kok. Der Engländer Duncan Witham ist seit Oktober 2001 damit beschäftigt, sein Laska-Spielprogramm zu perfektionieren. Ebenso wie Willem van der Vegt hat Duncan Witham sein Programm in "Java" implementiert, sowohl sein Programm als auch das Programm von Willem van der Vegt können auf sämtliche gängigen Personal Computer heruntergeladen werden. Mit Hilfe der Java-Software lassen sich mit beiden Programmen Laska-Partien spielen. Duncan Witham studiert am Department of Computer Science der Universität Warwick, das Laska-Spielprogramm ist seine Diplom-arbeit. Neben einer kurzen historischen Spieleinführung beschreibt er minutiös die einzelnen Schritte, Methoden und Ziele bei der Erstellung seiner Software (http://www.dsc.warwick.ac.uk/~csuom). Die Projektarbeit von Duncan Witham und damit auch sein computergestütztes Laska-Spielprogramm steht kurz vor dem Abschluß. Duncan Witham hat einen Rechenalgorithmus in die Java-Software implementiert, mittels dessen der Personal Computer "intelligent" "Laska" spielen kann. Der Autor gibt auch einige interessante spieltaktische Hinweise: Die schwarzen Spielsteine (d.h. das Ziehen als zweiter Spieler) böten einen Vorteil gegenüber den weißen Spielsteinen, die jeweils zuerst ziehen müssen. Defensive Spieler, so glaubt Ducan Witham, würden besser abschneiden als offensive Spieler. Er habe eine "Evaluationsfunktion" in sein Software-Programm integriert, welche defensive und offensive Spielstile bewerten könne.

Es wird computerbegeisterten Internet-Surfern sicherlich gelingen, zukünftig zu entscheiden, welche Vorteile und Nachteile all diese digitalen Laska-Versionen haben.

Schließlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass neben "Emergo" und "HexEmergo" weitere dem "Laska" verwandte Säulenspiele im Internet vorhanden sind: Unter http://www.plateaugame.com beispielsweise sind Informationen über "Plateau" zu erhalten. Sowohl die Entstehungsgeschichte dieses Säulenspieles als auch das dazugehörige, 1997 entstandene Software-Spielprogramm ("Virtual Plateau") mit Quellcode werden vorgestellt. Außerdem werden etliche wertvolle Hinweise zu Literatur über das Plateau-Spiel aufgelistet, so z.B. einige Strategie-Artikel. "Gomony", eine Laska-Variante auf einem Schachbrett mit 8 × 8 Feldern, ist seit November 1997 ebenfalls im Internet vertreten (http://www.geocities.com/abstractstrategy/gomony.html). Leider ist es mir bislang nicht gelungen, mit den Links dieser Internet-Seite an weitere Informationen über "Gomony" heranzukommen. Unter der Bezeichnung "Russian Towers" ("russische Türme") ist auch ein Baschni-Spielprogramm im Internet verfügbar (http://www.mipt.ru/en/download.html oder http://www.shaski.ru/eng/programs.htm). Die von Sergey N. Ivanov aus Moskau in kyrillischer Schrift entwickelte Software arbeitet noch mit Windows 95, allerdings nicht fehlerfrei. Deshalb hat Steve Evans aus Tasmanien/Australien kürzlich eine besser funktionierende Software-Version für "Russian Towers" ("Baschni") geschrieben, die unter http://www.netspace.net.au/~trout/towers.exe aus dem Internet heruntergeladen werden kann und mit Windows 98 arbeitet, leider jedoch nicht mit Windows 2000. Auch unter http://www.zillions-of-games.com/games/russiancheckers.html findet sich im Internet ein Baschni-Spielprogramm. Es steht in vier Spielvarianten zur Verfügung und wurde von Karl Scherer aus Auckland/Neuseeland programmiert. Alle vier Spielvarianten können auf Personal Computer heruntergeladen werden. Selbstverständlich werden auch die Spielregeln erklärt. Die Baschni-Spielregeln finden sich ebenso unter http://sunsite.informatik.rwth-aachen.de im Internet. Diese Web-Seite enthält auch eine Spielbewertung. Schließlich hat auch Arthur H. Olsen aus Brook-lyn/New York eine informative, ausführliche Spielanleitung für Baschni ins Internet gesetzt (http://ourworld.compuserve.com/homepages/Arthur_H_Olsen/Russian.htm). Sein Text endet mit etlichen weiteren Links zu "Russian Draughts" und "Russian Checkers". In niederländischer Sprache sind Regeln und taktische Hinweise folgender Säulenspiele im Internet abrufbar: Zu "Pasta" findet man Informationen unter http://www.vanmaanen.org/hans/boeken/wolf/pasta.html, zu "Focus" unter http://www.vanmaanen.org/hans/boeken/wolf/focus.html. Weitere Kurzbeschreibungen und Bewertungen des Säulenspieles "Focus"/"Domination" sind unter http://www.boardgamegeek.com, unter http://www.gameserver.it/database/ency, unter http://kumquat.com/cgi-kumquat/fumagain sowie unter http://www.webnoir.com/bob/sid/domination.htm im Internet nachzulesen.

Aber nicht nur die vielen Präsentationen des Laska-Spieles in Print-Medien und Internet belegen die Renaissance dieses Säulenspieles. Auch die Neuauflagen von "Laska" durch verschiedene Spielehersteller dokumentieren seine Wiederentdeckung und zunehmende Verbreitung: So hat die Firma F. X. Schmid (zunächst in Prien am Chiemsee ansässig, später nach München übersiedelt) das Spiel in den Jahren 1973 bis 1975 neu aufgelegt. Eine zweite Auflage erfolgte ab 1986, die entsprechenden Spielsteine sind in Abb. 3 zu sehen. Etwa ab 1994 (persönliche Mitteilung des Herstellers) wurde "Laska" dann in einer preiswerten Plastik-Box-Reihe bei Peter Wünnenberg in Dortmund produziert. Dort seien noch etwa 1000 Exemplare vorrätig (http://www.toy-toy-toy.com). Wertvolle handgefertigte Laska-Spielsätze mit Holz-Spielsteinen in Mahagony-Spielkästen stellt Bob Oswald in England her (http://www.runemaker.net/woodengames/bespoke.htm). Schließlich muss noch ein weiteres Plagiat des Laska-Spieles erwähnt werden, welches 1985 von Design Games in Irland unter dem Namen "Senator" auf den Markt gebracht wurde (Rühle 2001).

Die Tatsache, dass somit seit 1973 mindestens fünf Neuauflagen von Laska-Spielsätzen erschienen sind, belegt die Popularität dieses Säulenspieles in unserer heutigen Zeit.

Abschließend bleibt zu hoffen, dass dem Laska-Spiel auch zukünftig die ihm gebührende weltweite Anerkennung und Verbreitung zukommen wird. Dazu können internationale Turniere ebenso wie die neuen digitalen Medien (Internet) und die Internationale Emanuel-Lasker-Gesellschaft/Berlin (http://www.lasker-gesellschaft.de) beitragen.


Zusammenfassung

Das strategische Brettspiel "Laska" wurde vom deutsch-jüdischen Schachweltmeister Dr. Emanuel Lasker erfunden. Dabei wurde er wahrscheinlich vom russischen Baschni-Spiel inspiriert. Laska-Spielsätze wurden erstmals 1911 in Berlin hergestellt, auch die ersten deutschen und englischen Veröffentlichungen zu "Laska" stammen aus diesem Jahre. Das Spiel ist nach dem russischen "Baschni" das zweitälteste in einer Familie von mittlerweile etwa zwölf so genannten Säulen- oder Turmspielen. Es ist mit dem Damespiel verwandt, hat aber auch Beziehungen zum Schachspiel. Der entscheidende Unterschied zum Damespiel besteht darin, dass geschlagene bzw. übersprungene Spielsteine nicht wie beim Damespiel vom Brett genommen werden, sondern unter dem schlagenden bzw. überspringenden Stein mitgeführt und zu Säulen bzw. Türmen aufgestapelt werden.

Von 1911 bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung im Januar 1933 fand Laska zunächst in Deutschland, in den Niederlanden und in den USA Verbreitung. So wurde beispielsweise am 26.11.1920 in Den Haag eine Laska-Vereinigung gegründet. Speziell Mathematiker, aber auch Spieleproduzenten interessierten sich für dieses strategische Brettspiel. Nach der Machtergreif-ung Hitlers wurde Laska im "Dritten Reich" nahezu totgeschwiegen. Selbst nach Ende des 2. Weltkrieges fand das Säulenspiel 25 Jahre lang kaum Beachtung. Seine Renaissance begann erst in den Print-Medien der 1970er, 1980er und 1990er Jahre. Parallel dazu wurde "Laska" seit 1986 zunehmend für digitale Medien (Computer und Internet) interessant. Die Spielehersteller entdeckten es ebenfalls neu.


Literatur

Ahrens, Wilhelm. 1918. Altes und Neues aus der Unterhaltungsmathematik. Berlin.

Anonymus. 1911. Werbe-Anzeigen für das Lasca-Spiel. In: Wegweiser für die Spiel-, Galanterie- und Kurzwaren-Industrie, Heft 586: 8298, Heft 588: 8400, Heft 595: 8623.

Anonymus. 1912. "Lasca". In: Wiener Schachzeitung, 15: 26.

Anonymus. 1971. Das mathematische Kabinett: Können Sie Laska spielen? In: Bild der Wissenschaft, 8: 1060-1067.

Arbeiter, B. & W. Ruhnke. 1937. Brettspiele – 4. Ergänzungsband zum Deutschen Spielhandbuch. Potsdam.

Arrias, E. 1922. In memoriam Prof. P. J. H. Baudet. In: Eigen Haard. Wekelijksch tijdschrift voor het gezin, 48: 92-94.

Barnard, Bill. 1988. Stax – A rules problem? In: Game researcher´s notes – American game collectors association, Issue 2: 5023-5027.

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Hannak, Jacques. 1952. Emanuel Lasker – Biographie eines Schachweltmeisters. Berlin.

Hemprich, Karl & Wilhelm Koch. 1926. Spielpeterle und Ratefritze, Band 2. Leipzig.

Landau, Edmund. 1895. Zur relativen Wertbemessung der Turnierresultate. In: Deutsches Wochenschach, 11: 366-369.

Lasker, Emanuel. 1931. Brettspiele der Völker. Berlin.

Linder, Isaak M. & Wladimir I. Linder. 1991. Das Schachgenie Lasker. Berlin.

Machatscheck, Heinz. 1990. Zug um Zug. – Die Zauberwelt der Brettspiele. Berlin.

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Rühle, Rudolf. 2001. Der große Spieler – Die Geschichte des Vordenkers Emanuel Lasker. In: spielbox –Das Magazin zum Spielen, 20: 36-38.

Sprague, Roland. 1969. Unterhaltsame Mathematik. Neue Probleme – überraschende Lösungen. 2. Aufl. Braunschweig.


Abbildungslegenden

Abb. 1: Laska-Spielbrett

Abb. 2: Lasca-Spiel der Firma Block House (New York 1928)

Abb. 3: Laska-Spielsteine der Firma F. X. Schmid (München 1986)

Abb. 4: deutsches Laska-Spiel (wahrscheinlich 20er Jahre)
Ein solches Spiel ist abgebildet als No. 12303 auf S. 156 des Weihnachtskataloges für das Jahr 1915 aus der Leipziger Lehrmittel-Anstalt von Dr. Oskar Schneider.

Abb. 5: handschriftliche Widmung von Emanuel Lasker auf der Innenseite des Pappdeckels des in Abb. 4 gezeigten Laska-Spieles

Abb. 6: hölzerne Laska-Spielsteine (wahrscheinlich Deutschland 1920er Jahre)

Abb. 7: Deckel des in Abb. 2 gezeigten Lasca-Spieles

Abb. 8: Spielbeschreibung des in Abb. 2 gezeigten Lasca-Spieles

 

aktualisiert: 2. März 2003